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Weinzeit-Wissen...
…kurz und bündig
Aufmerksame Besucher unserer Website werden die leicht nachzukochenden Rezepte samt Weinempfehlungen von Matthias Vodenac vermutlich schon kennen- und schätzen gelernt haben. Ab jetzt wird es hier unter dem Titel WEINZEIT-WISSEN einen weiteren Blog aus seiner Feder geben, in dem er kurz und bündig Wissenswertes zum Thema biodynamischer Weinbau vermitteln wird.
Seit Matthias als freier Mitarbeiter bei der Weinzeit eingestiegen ist, hat er seine Kenntnisse, unter anderem, was die Weinherstellung nach dem Demeter-Prinzip angeht, stetig erweitert und wird sie nun ein Jahr lang durch die verschiedenen Phasen dieser an den Kreisläufen der Natur orientierten Methode führen. Ich freue mich sehr, dass Matthias mittlerweile fix zu unserem Team gehört und wünsche Ihnen viel Spaß bei der Lektüre.
Ihre Irmgard Bickel
… über das Zurückblicken und Nachvorneschauen.
Es ist Zeit zurückzublicken. Nicht nur auf die Arbeit dieses Jahres, sondern auch auf die Ernten der Jahre zuvor. All das, was war, wird nun Teil jenes kontinuierlich wachsenden Erfahrungsschatzes, der aus guten Winzer:innen mit der Zeit sehr gute macht. Denn es gehört Erfahrung dazu, die Witterung richtig einzuschätzen, vorauszuahnen, wie sich die komplexe biologische Prozesse entwickeln werden und im richtigen Moment passende Lösungen für die verschiedensten Probleme zur Hand zu haben. Und zwar ohne naturfremde Substanzen zu verwenden oder mit unlauteren Tricks zu arbeiten. Denn wer biodynamischen Wein erzeugt, weiß, dass das Ergebnis nur dann zufriedenstellend und nachhaltig ist, wenn man sich des Zusammenwirkens aller Elemente, von den Mikroorganismen, über die Insekten, bis zu diversen nützlichen Pflanzen im Biotop Weinberg bewusst ist. Und nicht zuletzt ist jetzt auch die Zeit, dankbar an alle Helferinnen und Helfer zurückzudenken, die an der Umsetzung dieser Vision beteiligt waren.
Der Weinberg schläft jetzt und es ist besser, man lässt ihn in Ruhe. Es sei denn, man habe in Erwartung eines frostigen Winters die mutige Entscheidung getroffen, einige Trauben am Stock hängen zu lassen, um sie bei zumindest minus 7 Grad Celsius zu ernten, um daraus den sogenannten Eiswein zu keltern. Aber auch andere Weine brauchen jetzt im Keller noch die volle Aufmerksamkeit der Winzer:innen. Es ist abzuwägen, wann sie von der Hefe abgezogen werden, wie lange sie in welcher Art der Lagerung verbleiben und welchen Stil sie schlussendlich haben sollen. Doch alles in allem dürfen sich die Winzer:innen jetzt etwas Ruhe zu gönnen. Die Hauptarbeit liegt in dieser Zeit bei den Händerler:innen, die dafür sorgen, dass die Schätze den Weg an die Tische und in die Gläser finden.
… über den Herbst in Weingarten und Keller.
Das Jahr neigt sich dem Ende entgegen. Das Laub im Weinberg strahlt schon länger in den wunderbarsten Herbstfarben. Die eine oder andere hochwertige Spätlese oder Auslese wird jetzt noch eingefahren. Nur die Beeren für den sogenannten Eiswein bleiben noch am Stock. Sie werden erst spät im Winter geerntet und zwar in gefrorenem Zustand, was schließlich den fast schon likörartigen Eiswein mit seiner charakteristischen Natursüße entstehen lässt.
Während sich also draußen alles beruhigt und sich die Pflanzensäfte langsam in das Holz der Weinstöcke zurückziehen, bleibt es im Keller spannend. Jetzt ist es wichtig, die Gärprozesse gut im Blick zu haben. Immer wieder wird mittels sensorischer Analyse und individueller Verköstigung der Stand der Dinge im Tank überprüft. Wie entwickelt sich die Temperatur, der Zucker- bzw. der Alkoholgehalt. Entscheidungen, in welchen Tanks oder Fässern die Weine letztlich ausgebaut werden sollen, werden anhand dieser Informationen nun bestätigt oder hinterfragt. Erst, wenn diese Phase abgeschlossen ist und sowohl draußen im Weinberg, als auch drinnen im Keller relative Ruhe einkehrt, haben die Winzer:innen die Gelegenheit, sich ebenfalls zu entspannen.
… über das Einholen und das Vergären.
All die Arbeit, die unsere Biowinzer:innen geleistet haben: die Herstellung von Hornkiesel, die Baldrian-Streuung, die Laubarbeiten, das aufwändige Pflegen, Prüfen und Planen während der Sommermonate, soll jetzt, beim Einfahren der Ernte, belohnt werden. Die eine oder andere Traube wird natürlich schon bei der Lese verkostet, und die ersten frischgepressten Traubensäfte werden auch schon während der Erntearbeit getrunken, Ziel der Arbeit ist es aber, die Trauben so schnell wie möglich dorthin zu bringen, wo die Gärung stattfinden wird.
Die Art der Gärung ist der größte Unterschied bei der Produktion von Rot- und Weißweinen. Rotwein wird mit der Schale vergoren (Maischegärung), Weißwein ohne Schale, es gärt also nur der Traubensaft (Mostgärung). Während der Rotwein erst nach einer genau bestimmten Zeit der „Gärung auf der Maische“ gepresst und in Tanks gefüllt wird, gärt der Weißwein von Beginn an im Tank. Nun heißt es, die Hefen ihre Arbeit der Umwandlung von Zucker in Alkohol verrichten zu lassen. Bei der Beobachtung dieses Vorgangs fallen dann weitere Entscheidung über den Werdegang des Weins, wie zum Beispiel, ob er danach in einem Stahltank, einem Betontank, einem alten oder einem neuen Eichenfass, oder in einem Betonei gelagert wird.
Spätestens jetzt wird der Vorteil des Bioweinbaus deutlich, denn in dieser Phase können sich die Biowinzer:innen viel eher darauf verlassen, dass nichts die Prozesse stört, die den Charakter des Bodens und der Reben im Wein zur Geltung bringen sollen. Das heißt: So wie im Weinberg keine unnatürlichen Stoffe zum Einsatz gekommen sind, sind auch jetzt keine Tricks und Zusatzstoffe nötig, um dem Wein den richtigen Geschmack zu verleihen. Es ist das Ergebnis ehrlicher, verantwortungsvoller und nachhaltiger Arbeit, die im besten Fall einzigartige Weine entstehen lässt. Jedes Jahr aufs Neue.
… über den richtigen Zeitpunkt.
Wenn es einen Bereich gibt, der die Aussage „es kommt auf den richtigen Zeitpunkt an“ besonders rechtfertigt, dann ist es die Weinlese. Hier spielt die Erfahrung unserer Biowinzer und -winzerinnen eine immens wichtige Rolle. Sie hilft ihnen dabei, die zu erwartende Witterung in den einzelnen Lagen richtig einzuschätzen und sie in Beziehung zu setzen zum Reifegrad der Beeren.
Was letzteres angeht, wird das Refraktometer im September zum wichtigsten Instrument. Mit ihm ermitteln die Winzer den Anteil des im Traubensaft gelösten Zuckers, ein Wert, der entscheidenden Einfluss auf Art und Charakter des produzierten Weines hat.
Stimmen alle äußeren und inneren Parameter zusammen, kann und muss es losgehen. Spätestens jetzt stellt sich heraus, ob im August richtig geplant wurde, das heißt, ob über den gesamten Erntezeitraum hinweg ausreichend viele Helfer und -helferinnen zur Verfügung stehen, die ihr Handwerk beherrschen. Denn in den Weinbergen unserer Biowinzer und -winzerinnen findet die Lese fast ausschließlich von Hand statt. Maschinen sind zwar schneller, es kommt aber auch viel öfter zu Beschädigungen des Leseguts, was schon während des Transports zum Austritt von Saft und damit zu unerwünschten Gärungsprozessen führen kann. Außerdem erkennen Augen und Hände des Menschen immer noch am besten, ob die einzelne Traube bereits optimal ausgereift ist oder ob sie vielleicht erst bei einem zweiten oder sogar dritten Durchgang geerntet werden sollte.
Nachdem die Ernte schließlich eingeholt ist, wird das Lesegut noch einmal, je nach Weinsorte, die hergestellt werden soll, sortiert. Die Arbeit im Weinberg ist damit beendet. Was nun beginnt ist die ebenso komplexe Arbeit im Keller, also jener Prozess, der den Traubensaft in Wein verwandeln wird.
… vom letzten Schliff und von der Ruhe vor dem Sturm.
Im August entwickeln sich die Beeren langsam zu ihrer vollen Reife. Deshalb legt der Winzer nun besonderes Augenmerk auf die Entwicklung der Frucht. Mit der Entfernung der letzten Gescheine – das sind die länglichen, rispenartigen Blütenstände – kommt die grüne Lese nun an ihr Ende.
Ziel dieser Maßnahme ist es, den Beeren ein Maximum an natürlichen Nährstoffen zukommen zu lassen und ihnen dadurch die perfekten Reifungsbedingungen zu bieten.
Einige unserer Winzer setzen, besonders in verregneten Jahren, schon im August Hornkiesel ein.
Er soll den Stoffwechsel sowie die Anpassungsfähigkeit der Rebstöcke fördern und darüber hinaus auf natürlicher Art vor Schädlingen schützen. Die Beeren werden dadurch gekräftigt und gleichmäßig in ihrer Reifung unterstützt, was die Ausbildung des jeweils typischen Rebsorten-Aromas begünstigt. Der Weinberg erhält sozusagen den letzten Schliff vor der Ernte.
Diese Zeit könnte man als die Ruhe vor dem Sturm bezeichnen, die nun allmählich übergeht in eine Phase intensiver Planung. Dabei geht es vor allem um die Festlegung des Lesezeitpunkts und damit zusammenhängend um wichtige Entscheidungen bezüglich des benötigten Personals. Denn vom Einsatz der richtigen Helfer zum richtigen Zeitpunkt hängt es ab, ob der Wein während der Lese optimal betreut und begleitet sein wird.
Nur dadurch bekommen unsere Biowinzer nämlich die Möglichkeit, ihr Wissen und Können so umzusetzen, dass alle am Ende mit einem großen Jahrgang belohnt werden.
… über das Lüften und das Prüfen.
Im Juli steht die Traube im Fokus des Winzerblicks. Jetzt geht es darum, ihre Qualität und damit letztlich die Qualität des gesamten Jahrgangs zu sichern. Damit die Traube wachsen kann, verschafft ihr der Winzer Luft, indem er nicht nur den Rebstock entlaubt, sondern zudem die überschüssigen Triebe zurechtstutzt. Jeder Stock wird dabei einzeln begutachtet und in aufwändiger Handarbeit „gewipfelt“. Gleichzeitig werden die Trauben mittels Drucktest geprüft und, wenn sich herausstellt, dass ihr Potential, gut zu reifen, nicht ausreicht, als Grünlese abgenommen. Die verbleibenden Trauben haben dadurch die Chance, besser mit Nährstoffen versorgt zu werden. Weiters werden lose, herunterhängende oder sich zur Seite biegende Triebe mit Draht oder Schnur befestigt, um Bruchschäden zu vermeiden.
Für all diese wichtigen Pflegeschritte ist viel Zeit und Erfahrung nötig. Denn der Weinberg wird im Herbst nur das hergeben, was der Winzer jetzt bereit ist, an Arbeit und Sorgfalt zu investieren. Und zwar im Schweiße seines Angesichts, da jetzt üblicherweise die höchsten Temperaturen herrschen. Und das soll auch so sein. „Im Juli und August müssen die Trauben kochen, damit es ein großer Jahrgang wird“, lautet ein Sprichwort, das uns Alexander Pflüger, unser Bio-Winzer aus Bad Dürckheim, in einem seiner letztjährigen Videos verraten hat. Hoffen wir also auf heiße Tage, bei ausbleibenden Unwettern, damit wir uns auf eine gehaltvolle Ernte freuen können.
... über das ordnen, steuern und
Der Juni ist der erste Monat im Jahr, den der Winzer wieder viel Zeit draußen im Weinberg verbringt. Alles blüht und wächst und es geht nun darum, ordnend einzugreifen.
Einerseits steht die Laubarbeit an, bei der überschüssige Blätter entfernt werden, um den Reben Luft zum Atmen zu verschaffen, Schimmel- oder Pilzbefall zu vermeiden und dafür zu sorgen, dass die heranwachsenden Trauben ausreichend mit Sonnenstrahlung in Kontakt kommen. Übrigens: Das Laub wird kompostiert, um später wieder in den Weinberg ausgebracht zu werden, wodurch einer für die Demeter-Bewirtschaftung wichtiger Kreislauf in Gang gesetzt wird.
Andererseits ist jetzt die Zeit, um das Wachstum des Rebstocks zu steuern. Neben dem Ausbrechen der Geiztriebe und dem Entfernen von Fruchtansätzen werden die Reben zu diesem Zweck eingeschlauft. Dabei muss jeder einzelne Trieb vorsichtig von Hand in den Drahtrahmen eingezogen werden, um ein späteres Abbrechen der Triebe zu vermeiden.
Um diese Zeit wird auch sichtbar, was den Demeter-Weinberg von einem konventionellen Weinberg am augenfälligsten unterscheidet, nämlich die üppige Begrünung zwischen den Rebzeilen. Manche Winzer schwören in diesem Zusammenhang auf selbst kreierte Kräuter- und Blumenmischungen, wie etwa Buchweizen, Hirse, Erbsen und Roggen. Das bringt dem Weinberg zusätzliche natürliche Nährstoffe und fördert nebenbei die Artenvielfalt.
…über ein Mittel, das die Reben schützt und die Winzer gut schlafen lässt.
Nachdem der April gemacht hat, was er will, erwarten uns nun die Eisheiligen. Damit beginnt eine sehr sensible Phase für die Weinreben. Die Knospen sprießen und spät einsetzender Frost kann für die Reben zum Problem werden. Das bedeutet mitunter schlaflose Nächte für unsere Winzern. Zum Glück gibt es ein paar natürliche Methoden, um die Pflanzen vor der gefährlichen Kälte zu schützen.
Jeder Biowinzer kennt das Räuchern. Zu diesem Zweck werden Heuballen am Rande der Weinfelder entzündet, nicht, um Wärme zu erzeugen, sondern weil der die Reben einhüllende Rauch schützende Bestandteile enthält.
Eine zweite wichtige Methode des biodynamischen Frostschutzes ist die Anwendung eines Baldrianpräparats, das schon Rudolf Steiner empfohlen hat, und das den Prinzipien des Weinbaus nach Demeter entspricht. Es ist erwiesen, dass dieses eigentlich für die Komposterzeugung verwendete Mittel, die Kältetoleranz der Pflanzen um bis zu drei Grad erhöht. Es ist beruhigend zu wissen, dass bereits 5 bis 10 Milliliter Baldrianpräparat, das 15 bis 20 Minuten lang in Wasser eingerührt und dann über die Pflanzen verteilt wird, für den Schutz von zwei Hektar Weinberg genügen. Wir hoffen dennoch, dass seine Anwendung heuer nicht allzu oft nötig sein wird.
…über einen speziellen Schatz aus dem Boden.
Die Natur erwacht langsam und gleichzeitig neigt sich die Kellerarbeit dem Ende entgegen. Der Frühling hat offiziell am 22. März begonnen. Die Reben sind schon geschnitten. Die ersten Knospen fangen an zu sprießen. Nicht mehr lange, dann zeigt sich die Natur in ihrer prächtigsten Form. Die Weichen für eine gute Ernte werden gelegt. Der Boden und der Weinberg werden vorbereitet.
Das Horn wird ausgegraben.
Im Frühling wird in der biodynamischen Weinherstellung nach dem Demeter-Prinzip mit Hornmist (auch Hornmistpräparat 500 genannt) eine innigere Verbindung zwischen Boden und Pflanze hergestellt. Eine Methode, die nachweislich das Wurzelwachstum fördert.
Zur Herstellung dieses natürlichen Präparates wird eine Handvoll frischen Kuhmists in das ausgehöhlte Horn einer Kuh gefüllt. Dieses wird dann – vorzugsweise bei Vollmond – in der Erde vergraben und verbleibt dort über den Winter. Im Frühling wird das Horn ausgegraben und der Mist unter 60-minütigem Rühren mit einer Holzkelle in Wasser aufgelöst. Auch der Bottich sollte aus Holz gefertigt sein.
Anschließend versprüht der Winzer diese Flüssigkeit über den gesamten Weinberg. Der Boden wird auf diese Art mit Mikroorganismen angereichert und Erdreich und Pflanze profitieren von deren natürlicher Bioaktivität.
So entsteht ein lebendiger Weingarten.
…über das Schauen und Schneiden.
Im Jänner verbringen die Winzer:innen viel Zeit damit, jeden einzelnen Rebstock genau unter die Lupe zu nehmen. In dieser Phase ist sehr viel Einfühlungsvermögen in den individuellen Entwicklungsstand der Pflanze erforderlich und natürlich handwerkliches Geschick. Denn es steht der Rebschnitt an, ein Vorgang von entscheidender Bedeutung, was Quantität und damit auch Qualität der kommenden Ernte angeht.
Bei in der Regel niedrigen Temperaturen wird diese intensive Arbeit mit klassischen Handscheren erledigt. Auf diese Art wird der Rebstock sanft, gezielt und unter Berücksichtigung der „Saftleitbahnen“ beschnitten. Das heißt, die für das Wachstum des Stocks nicht notwendigen Triebe werden entfernt, ohne die Substanz des Rebstock zu verletzen. Außerdem ist darauf zu achten, dass keine sogenannten Toträume in den älteren Teilen der Rebstock-Hölzer entstehen, von wo aus sich diverse Schadpilze ausbreiten können.
Früher wurden die abgeschnittenen Zweige im Weinberg verbrannt. Heute lässt man sie unter den Rebstöcken liegen, wo sie als Schutz gegen späten Bodenfrost und als natürlicher Dünger dienen.