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12.09.2012

Weinzeit in der päpstlichen Enklave

Zu Besuch bei François und Adrien Fabre in Visan, „Domaine La Florane" und „Domaine de l'Echevin"

Petrarcas Trunkenheit
Vom Süden her kommend nehmen wir Kurs auf die ehemalige päpstliche Enklave um Valréas nördöstlich von Orange. Der Avignoner Papst Johannes XXII. hatte 1317 das Gebiet erworben und verdankte der Legende nach dem Wein der Region sein hohes Lebensalter von 90 Jahren - zur Überraschung derer, die ihn achtzehn Jahre zuvor als „Übergangspapst" gewählt hatten. Unter Papst Clemens VI. wird 1344 das päpstliche „Enklave-Quartett" aus den Weinorten Valréas, Richerenches, Grillon und Visan komplett. Hier in Visan sind wir verabredet mit François Fabre, der mit seinem Sohn Adrien die beiden Domaines „La Florane" und „de l'Echevin" leitet. Sofort versteht man die päpstliche Vorliebe: eine liebliche, sanfte, sonnenverwöhnte Hügellandschaft zeigt sich unserem Auge in strahlendem Glanz. Ein Kleinod zwischen dem nur wenige Kilometer entfernten Rhône-Tal und den ersten Alpenausläufern mit dem kahlköpfigen Riesen, dem Mont Ventoux, dessen Anblick uns immer wieder in den Bann zieht. Petrarca hatte 1336 im Alter von 32 Jahren den Mont Ventoux bestiegen und war glückstrunken vom Anblick der Schönheit der Landschaft schweigend herabgestiegen.

Steine vom lieben Gott
François packt uns ins Auto und wir erkunden die Weinlagen vor Ort. An einem Hohlweg zeigt er uns die Erdschichtungen. Schließlich erreichen wir das Plateau auf 290 Metern Höhe. 21 ha am Stück gehören zum Domaine „La Florane". Die Hochlage ist ganz nach Süden ausgerichtet, der Kalksteinboden ist kiesbedeckt. Die faustgroßen Kieselsteine liegen blank, der Mistral hat sie zum Vorschein gebracht oder wie François mit einem verschmitzten Lächeln sagt: „Der liebe Gott hat sie hier hin gelegt", ein naheliegender Gedanke in einer begnadeten Landschaft.



Terroir - parzellengenau
Die hundert Meter tiefer liegenden Lagen profitieren vom Schiefergehalt der dortigen Böden. Syrah und Carignan sind hier zu Hause. Es ist die Kunst der Fabres, jede Parzelle mit ihren klimatischen und geologischen Eigenheiten zu kennen und die Bepflanzung entsprechend anzupassen. Auf der Höhe Grenache, auf halber Höhe eingefasst durch Schatten spendende Trüffel-Eichen der Mourvedre, optimal ausgerichtet der sonnenhungrige Cinsault, bestens durch Ost-West-Anordnung belüftet der Carignan, die heimischen Weißweinsorten Viognier und Marsanne gesäumt von Olivenbäumen und Ginster. Während der Domaine „La Florane" erst 1982 in den Besitz der Familie Fabre kam, ist es der „Domaine de l'Echevin" seit Generationen. Guillaume de Rouville ist der Namengeber des Domaine, war er doch „Echevin („Schöffe") de Lyon". 14,5 ha umfasst der Domaine, der bis auf eine Höhe von 350 Metern reicht und nordöstlich zur Ortschaft St. Maurice ausgerichtet ist. Die Weinstöcke haben hier ein Alter von durchschnittlich 40 Jahren. Grenache, Syrah, Cincault ergeben finessereiche Rotweine. Die vielfältigen Weißweinsorten Viognier, Grenache blanc, Marsanne und Rousanne sind eine Spezialität des Domaine. Dank ihrer nördlichen Ausrichtung entwickeln sie eine ausgezeichnete Eleganz, der ein Zuviel an Sonne abträglich wäre.

Engelstropfen
Wir folgen François Fabre in den Weinkeller. Beide Domaines werden strikt getrennt und auf unterschiedliche Art vinifiziert. Versuche beide Domaines zusammenzubringen, haben beiden nicht bekommen, zu charakteristisch ist das jeweilige Terroir, das sich nur getrennt entfalten kann. Wir betreten den Weinkeller gleichsam durch das Dach. Die Trauben folgen der Schwerkraft in die Weintanks, sie werden nicht gepumpt. Die Vergärung erfolgt spontan ohne Zusatz von Hefen, lediglich die Temperatur wird durch Wasser-Kühlung gesteuert. Die extraktreichen Rot-Weine benötigen eine höhere Temperatur, eine niedrigere Temperatur betont die Frucht im Wein. Eine Etage tiefer reift der Wein in großen Betontanks aus, die Selektions-Weine kommen in gebrauchte Barrique-Fässer von 500 Litern. Sie stammen aus dem Bordeaux und dem Burgund. Der Barrique-Ausbau, erklärt uns François Fabre, diene nicht dazu, dem Wein Geschmack zu geben, sondern der feinen Oxidation. Einmal wöchentlich greift François Fabre zu einem speziellen Kännchen und füllt einen Schluck ins Fass nach. Die Engel haben ihren Anteil geholt, ein himmlischer Tropfen für die himmlischen Wesen. Im Degustationsraum schließlich bekommen wir das, was die Engel uns lassen, zur Probe gereicht.



Süßer Ausklang
Wir sagen „Adieu" und fahren Richtung Heimat, vorbei an Schloss Grignan, in dem Madame de Sévigné bei einem Besuch bei Ihrer mit dem Conte de Grignan verheirateten Tochter 1696 verstarb. Bereits mit 25 Jahren war sie Witwe geworden (und geblieben), die Briefe, die sie aus Paris an ihre geliebte Tochter in Grignan schrieb, sind Perlen der französischen Sprache und erstklassige Quelle für das Leben der Pariser Adelsgesellschaft zur Zeit Ludwigs XIV. In Montélimar gönnen wir uns den süßen Abschluss, den berühmten Nougat von Montélimar.

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