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02.02.2011

Interview mit Karl Fritsch, Weinbauer und Leiter des Weinberghof Fritsch

weinzeit: Herr Fritsch, Sie haben den Betrieb 1999 von Ihrem Vater Karl Fritsch mit einem gewissen Standard an Qualitätsweinproduktion übernommen. Heute arbeiten Sie auf der Grundlage der Biodynamik. Wie kam es dazu?

Karl Fritsch: Wir Weinbauern arbeiten mit der Natur. Sie ernährt uns. Das bringt die Verpflichtung mit sich, ihr eine besondere Wertschätzung entgegenzubringen. Während meiner Ausbildung in Österreich und anderen Ländern habe ich die Biodynamik kennen gelernt. Als ich den Betrieb übernahm, war es immer mein Ziel, irgendwann auf biodynamische Art und Weise Wein zu erzeugen.

weinzeit: Es ist also Ihre ureigenste Überzeugung? Biodynamik ist ja eine Lebenseinstellung...
Karl Fritsch: Biodynamik bestimmt hauptsächlich mein Leben. In Bezug auf Wein ist es mir ein besonderes Bedürfnis, ein Stück Boden zu kultivieren und über den Wein diesen bestimmten Boden und die darauf gewachsene Rebe in Sorte und Jahrgang in allen möglichen Sinnen wie Schmecken und Riechen den Menschen zugänglich zu machen. Der Mensch ist ja ein "Sinnestier". (lacht) Zudem ist es für mich von außerordentlicher Bedeutung, den kommenden Generationen wie meinen beiden Kindern und deren Kindern ein Ökosystem zu hinterlassen, welches gesund und nicht mit Schadstoffen durch Kunstdüngung undsoweiter überladen ist. Mein Blick geht weit in die Zukunft.

weinzeit: Wie haben Sie mit der Biodynamik begonnen?
Karl Fritsch: Im Januar 2006 haben wir mit der Umstellung begonnen. Zu Beginn lernten mein Team und ich eine Menge auf theoretische Art über Rudolf Steiner, den Begründer der Biodynamik und Anthropologen, und über seinen Umgang mit Mensch und Natur. Gleichzeitig beginnt man in der Praxis, anders mit dem Weingarten und seinen Reben umzugehen. So starteten wir im März 2006 mit dem Herstellen von Spritzmitteln im eigenen Betrieb auf eigene Art und Weise. Zudem bearbeiteten wir den Boden anders als die Generation vor uns.




weinzeit: Worauf kommt es denn besonders an?
Karl Fritsch: Wichtig ist die Methodik, um das Rezept auf dem eigenen Hof samt Weinbergen und Kellerarbeit in die Realität umzusetzen. Das bedeutet, wirklich jeden einzelnen Arbeitsschritt neu zu überdenken und Entscheidungen darüber zu treffen, ob und wie er in der Zukunft ausgeführt wird. Im Zuge dessen kauften wir im ersten Jahr neue Arbeitsgeräte, darunter einen Spatenpflügler für die Bodenbearbeitung und leichte Fahrzeuge (Quads) mit Tanks und Spritzgestängen, um Spritzmittel auf sanfte Art und Weise auszubringen. Auch Teekessel haben wir angeschafft.

weinzeit: ... Teekessel?
Karl Fritsch: Teekessel sind knapp mannshohe Tanks, in denen man Tee kocht. Tees sind selbst angefertigte Spritzmittel, z.B. aus Brennnesseln oder Schafgarbe, die wir mit einem neuen Spritzgerät auf die Reben ausbringen. Damit helfen wir den Reben, weiterhin gesund zu bleiben und verhindern damit im Vorhinein Krankheiten.

Weinzeit: Was sind denn heute die Eckpfeiler Ihrer biodynamischen Arbeit?
Karl Fritsch: Voranzustellen sei, dass es in der Biodynamik um Ganzheitlichkeit geht. Der Kreislauf Mensch-Tier-Natur soll geschlossen sein. Alles ist eins. Es ist also auch von Bedeutung, welche Persönlichkeit und welche Laune ein Mitarbeiter beispielsweise hat, denn das wirkt sich auf die Qualität im Umgang mit dem Weingarten oder dem Wein im Keller aus. Um auf die Frage zu antworten: Wir haben vor allem wieder gelernt, mit unseren Sinnen zu arbeiten. Wir lernen wie kleine Kinder, die Welt detailliert zu beobachten und wie eine gute Mutter prompt und angemessen zu reagieren. Also: Wir riechen den Boden an, wir ertasten die Blätter, wie sie beschaffen sind und vieles mehr. Kurzum: Wir sind wieder damit beschäftigt, uns mit allen unseren menschlichen Sinnen auf die Natur einzulassen und auf sie behutsam und bedacht zu reagieren. Und nicht zu über-agieren oder über-reagieren.

weinzeit: Hilft Ihnen jemand dabei?
Karl Fritsch: Ja. Einige meiner Kollegen in Niederösterreich stellen ihre Weinerzeugungsbetriebe gleichzeitig um. Wir treffen uns monatlich zu einem Gruppentag und tauschen Erfahrungen aus. Uns alle berät Dr. Andrew Lorand, der weltweit anerkannte Berater für Biodynamik. Außerdem haben wir im ersten Jahr z.B. Humus und bestimmte Präparate zur Behandlung der Reben von Demeter gekauft. Diese können wir inzwischen fast alle selbst herstellen.




weinzeit:
Welche Schwierigkeiten treten auf?
Karl Fritsch: Der manuelle Arbeitsaufwand ist wesentlich höher geworden. So müssen wir zur Berarbeitung der Weingärten wie Ausgeizen und Laubarbeit mehr Mitarbeiter beschäftigen.

weinzeit:
... und Schwachstellen?
Karl Fritsch: Biodynamik ist komplex. Eine Umstellung passiert nicht von heute auf morgen, sondern auf Jahre hinaus. Wichtig ist, dass man die Biodynamik vor der Umstellung zu seiner eigenen Lebenseinstellung macht. Schwachstellen gibt es dann nur in der Umsetzung. Die kann man beheben.

weinzeit:
Sie sind zertifiziert?
Karl Fritsch: Ja, laut dem Prüfinstitut LACON der biologischen Landwirtschaft aus Rohrbach sind wir seit Dezember 2006 ein zertifizierter Betrieb.

weinzeit: Herr Fritsch, wir danken Ihnen für das Gespräch und wünschen Ihnen alles Gute für die Zukunft.
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